Dieser Artikel stammt aus der antimilitärischen Zeitschrift tilt, Ausgabe 2/96

"Das Volk lacht das Militär aus"

AMOK ruft für den 3. Oktober zur Jubelparade gegen die

Bundeswehrpräsenz in Berlin auf

"Ich habe ein ganz einfaches Rezept zum Glücklichsein: Ich laufe jeden Tag Amok."
(Hildegard Knef)

Minister Rühe hat für 1996 Bundeswehr-Paraden in Berlin angekündigt. Mit einem neuen Paragraphen soll die "Verunglimpfung der Bundeswehr" bestraft werden, um so doch noch das Tucholsky-Zitat "Soldaten sind Mörder" zu verbieten. Erstmals ist dieses Jahr die Zahl der Kriegsdienstverweigerer höher als die der Rekruten, mit steigender Tendenz, und in Bonn diskutiert man erschreckt Gegenmaßnahmen. Bundespräsident Herzog meint, "um deutsche Interessen zu verteidigen, reicht das Scheckbuch nicht, sondern es ist auch der Einsatz von Leib und Leben gefordert". Es soll wieder selbstverständlich werden, daß deutsche Soldaten überall in der Welt töten und sterben. Dagegen will AMOK (AMOK = "Anti-Militärisches Oberjubel-K.o.m.i.t.e.e.") AMOK laufen. Die Organisation ruft für den 3. Oktober zu einer Jubelparade durchs Brandenburger Tor gegen die Bundeswehrpräsenz in Berlin und anderswo auf. Motto: "Das Volk lacht das Militär aus".

Die Jubelparade '96 durchs Brandenburger Tor soll nach dem Willen der Veranstalter kein Trauermarsch sein, sondern ein karnevalesker und fröhlich-anarchischer Ausdruck des zivilen Ungehorsams gegen die Militarisierung der Gesellschaft, eine Demonstration der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung, die keine Armee und Kriege mehr will. Denn "Töten im Krieg ist um nichts besser als gewöhnlicher Mord" (Albert Einstein).

Ein bunter Zug verkleideter Menschen - vom hosenscheißenden Frontoffizier über geifernde Armeegeistliche und "schreckliche Marinerichter" bis hin zum ABC-Schutzmasken-Ballett, jagenden Feldjägern, kamellenschießenden Nato-Generälen und anderen Jecken - wird die Parade der Deserteure und Wehrkraftzersetzer durch Berlin begleiten. Mit dabei sein werden Prunkwagen, Theatergruppen, Blaskapellen, die Berliner Kabaretts, Parlamentäre und Sanitäter, Hiphopper und Deserteure, Totalverweigerer, Kriegsversehrte, Tänzer, Künstler, Narren, Friedensfreunde und -freundinnen.

Die 50 000 Männer, die zu Mauerzeiten vor dem Militärterror nach Westberlin geflüchtet und zu Wohlstand gekommen sind, fordern die Organisatoren zu Spenden auf. Kinos, Medien, Theater, Varietés, Clubs, Discos, Künstler werden gebeten, antimilitärische Werbung in ihre Programme aufzunehmen. Firmen und Betriebe, die nicht am Militär verdienen, dürfen diese Aktion durch Sachspenden begleiten. AMOK hofft auf eine neue, wilde antimilitaristische Berliner Karnevalstradition.

Der Aufruf wird von über 250 Künstlern, Theatern, Gruppen unterstützt, u. a. von Dr. Seltsam, Stephanie Busse, Cafe Cralle, Jutta Kausch, Friedenskoordination, Christian Herz, Andreas Schroth, Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, Stefan Zwingel, Jusos in der SPD, Uwe Dähn, Judith Demba (MdA Bündnis 90/Grüne), Stefan Liebich (MdA PDS), Erwin Geschonnek, Gisela May.

Kontakt: Dr. Seltsam (Wolfgang Kröske), Freiligrathstraße 12, 10967 Berlin, Fon (030) 69199 22;
Internet: http://pollux.zedat.fu-berlin.de/~komitee
E-Mail: komitee@zedat.fu-berlin.de
Spenden: Konto 0342769-106, Postbank Berlin, BLZ 100 100 10, Laura Freiin v. Wimmersperg

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