Dieser Artikel stammt aus der antimilitärischen Zeitschrift tilt, Ausgabe 2/96

Buchtip: Den Krieg entehren

Dirk Heinrichs zur Frage: Sind Soldaten potentielle Mörder?

"Soldaten sind Mörder": Diese Aussage sorgt, seitdem sie von Tucholsky niedergeschrieben wurde, für Streit. Selbst die in jüngster Zeit geäußerte abgeschwächte Form "Soldaten sind potentielle Mörder" erregt die Militärs dermaßen, daß sich seit Jahren die Gerichte mit dieser Frage beschäftigen müssen.

In seiner Broschüre "Den Krieg entehren" thematisiert der Autor Dirk Heinrichs das soldatische Mörder-Sein und greift dabei auf Luther und Erasmus zurück. Was die einen für einen Skandal halten, ist für Heinrichs eine Notwendigkeit im Für und Wider der Frage: Sind Soldaten nun Mörder oder nicht, oder ist Krieg ein Morden ohne Mörder? In diesem Buch finden sich reichlich Zitate, manch eines, was den Leser schmunzeln läßt oder nachdenklich macht: "Wenn man nicht sagen darf, daß es potentielle Mörder gibt, kann es dann sei, daß es potentielle Nicht-Mörder gibt?" Und er gibt auch Raum für eine eigene Interpretation. In der aktuellen Diskussion um einen verstärkten Ehrenschutz von Soldaten bietet das Buch gute Gegenargumente. Dirk Heinrichs, der selber Kriegserfahrungen gesammelt hat, bringt durch die Betrachtung eines Briefwechsels zwischen Luther und dem Kriegsmann Ritter Assa von Kram eine weitere wieder aktuelle Komponente ein: nämlich die der Militärseelsorge, die, seitdem Deutschland wieder weltweit militärisch operiert, mit in vorderster Linie ist.

Die Broschüre ist wert, gelesen zu werden, und - wie der Autor selbst schreibt - eigentlich von jedem Soldaten. Erschienen ist die Broschüre im Radius-Verlag, ISBN 3-87173-083-1 und kostet leider (das ist die einzige Kritik) 25 Mark.


Frank John

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