Zivi-Mobbing von oben

Strafversetzungen im Zivildienst – Zivi-Dschungel, Folge 14

 

Vor einer Entlassung braucht sich kein noch so aufsässiger Zivi zu fürchten. Schließlich leistet er einen Zwangsdienst ab. Die Dienststellen haben aber eine andere Keule im Schrank, mit der sie drohen können: die Strafversetzung zu einer anderen Dienststelle, auch Zwangsversetzung genannt. Beliebt als Druckmittel in Streitigkeiten, ist die »Versetzung auf Antrag der Dienststelle« (so die offizielle Bezeichnung) das härteste Instrument zur Disziplinierung. Praktisch dient sie als bequemes Mittel, unbequeme Zivis schnell loszuwerden oder wieder zu bequemen zu machen.

Möglich ist die Zwangsversetzung in folgenden Fällen:

- Der Zivi kann seine Arbeit »aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen« oder »wegen fehlender Voraussetzungen« nicht mehr verrichten. Im Klartext: Verliert der Fahrer-Zivi seinen Führerschein oder krankt des Pflegers Rücken, kann er zum Wechsel der Dienststelle gezwungen werden.

- Es gibt keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Zivi, etwa wenn die jeweilige Abteilung dichtmacht.

- Durch Umzug des Zivis muß die Dienststelle höhere Mietkosten tragen.

- Der Zivi fällt durch strafbare Handlungen im Dienst auf.

- Der Zivi zeigt »mangelnde Ein- und Unterordnungsbereitschaft« oder beeinträchtigt erheblich die »Disziplin und allgemeine Ordnung«

Die Dienststelle muß die Versetzung schriftlich beim Bundesamt für den Zivildienst (BAZ) beantragen und Euch eine Kopie des Antrags aushändigen. Die Gründe beziehungsweise Vorwürfe sind darin zu nennen. Ihr habt das Recht auf eine Stellungnahme, es sei denn, der Chef erklärt, die Versetzung müsse »aus wichtigen Gründen sofort erfolgen«. Ob und wohin strafversetzt wird, entscheidet das BAZ. Anders als bei den Disziplinarmaßnahmen ist diese BAZ-Entscheidung nicht per Widerspruch oder Klage zu verhindern – sie gilt nämlich nicht als Verwaltungsakt, sondern als »Dienstliche Anordnung«, der sofort und uneingeschränkt Folge zu leisten ist.

Trotzdem gibt es einige Möglichkeiten, sich gegen diese besondere Form des Mobbings zu wehren. Sind die im Versetzungsantrag genannten Vorwürfe falsch, legt Beschwerde bei der zuständigen Verwaltungsstelle ein. Wie das geht, steht im Leitfaden-Abschnitt B8. Sind die Vorwürfe sogar nur vorgeschoben oder haben sie nichts mit Euch oder Eurer Arbeit zu tun, kann eine Verwaltungsgerichts-Klage wegen »fehlender dienstlicher Gründe« Erfolg haben. Hier geht aber nichts ohne Rechtsanwalt.

Vor allem in beliebten Einsatzstellen kommen Zwangsversetzungen vor, während Dienststellen, deren Zivi-Plätze ohnehin nur mit Mühe besetzt werden können, nur selten auf die Idee kommen, ihre kostbaren Zivis auch noch freiwillig ziehen zu lassen. Das bedeutet aber auch, daß Strafversetzte in neuen Dienststelle mit großer Sicherheit schlechtere Arbeitsbedingungen vorfinden werden. Denn wer sich schon vom BAZ Zivis zuweisen lassen muß, hat selber keine Freiwilligen gefunden – und das bestimmt nicht ohne Grund.

Neben der Strafversetzung gibt es auch die Umsetzung und die »Versetzung auf Antrag des Zivildienstleistenden«. Mehr dazu in der nächsten tilt.

Jonas Hastig

Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 2/98 entnommen.