Nur 40 Prozent Obergefreite im Zivildienst

Soldstufen-Regelung bevorzugt Rekruten gegenüber Zivis

Zivil- und Wehrdienstleistende werden gleich behandelt? Pustekuchen. Neun von zehn Rekruten werden im Laufe des Grundwehrdienstes zu Obergefreiten. Bei den Zivis dagegen erreichen maximal 40 Prozent die gleichwertige Soldgruppe 3. Schuld ist die Struktur des Zivildienstes im allgemeinen und die Sparsamkeit der Dienststellen im besonderen.

Wer Majore durch die Gegend kutschiert, tut das für 16,50 Mark Sold am Tag – als wehrdienstleistender Obergefreiter ab siebentem Monat. Ist Herr Offizier indes gebrechlich und fährt ihn ein Zivi ins Altersheim, bekommt der Chauffeur für die gleiche Arbeit drei Mark weniger. »Eine gesetzwidrige Schlechterstellung der Zivis auf dem Verwaltungswege« nennt das Peter Tobiassen von der Bremer Zentralstelle KDV. Der Mann hat recht.

Daß 90 Prozent der Wehrdienstleistenden nach sechs Monaten in die Soldgruppe 3 gehievt werden, ist amtlich und wurde von der Bundesregierung zuletzt im Herbst 1997 in einer Antwort auf eine Bundestags-Anfrage zugegeben. Daß das gleiche nur maximal 40 Prozent der Zivis widerfährt, kann nur geschätzt werden, ist aber amtlich gewollt: Nur vier von zehn Zivi-Plätzen sind gemäß Leitfaden überhaupt Soldstufe-3-fähig. Anders als bei der Bundeswehr müssen die Zivildienststellen jede Höherstufung auch noch beim BAZ beantragen und begründen – und überdies aus eigener Kasse bezahlen.

Kein Wunder, daß viele Zivi-Chefs den Antrag schlicht »vergessen« und damit die Obergefreitenquote noch unter 40 Prozent drücken. Nur wenige Zivis nehmen bislang ihr Recht wahr, die Höherstufung bei der Verwaltungsstelle selber zu beantragen, sofern die Voraussetzungen laut Leitfaden-Abschnitt F 4 vorliegen. In Wirklichkeit ist also die Ungleichbehandlung noch krasser.

Damit findet sich die SOdZDL nicht ab. Wir unterstützen daher den Aufruf der Zentralstelle KDV an alle Zivis, ihre Höherstufung auch dann einzufordern wenn die formalen Voraussetzung nicht vorliegen. Denn laut Zivildienstgesetz ist die Soldstufe 3 keineswegs eine bestimmte Tätigkeit gebunden, sondern jedem gemäß seiner »Eignung, Befähigung und Leistung« zu zahlen. So praktiziert es auch die Bundeswehr. Nur eben das BAZ nicht.

Ohne Druck von unten wird sich daran allerdings nichts ändern. Tut also was: Briefe an den Zivi-Bundesbeauftragten Dieter Hackler, den örtlichen Bundestagsabgeordneten oder auch den Standortkommandeur der Bundeswehr könnten mögliche Bündnispartner für das Anliegen der Gleichbehandlung gewinnen.

Kollektive Beschwerden bei der Verwaltungsstelle machen der vielleicht ein schlechtes Gewissen. Und vielleicht findet sich irgendwo jemand, der gegen die gesetzes- und verfassungswidrige Ungleichbehandlung klagt.

Wir bleiben dran.

Jonas Hastig

Dieser Text ist Teil der tilt-Ausgabe 2/98.