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Schweiz: Im Mega-Bunker droht der Tunnel-Koller

Vor zehn Jahren wurde der Mega-Schutzraum bestaunt wie das achte Weltwunder: Zwei 1200 Meter langen Tunnel-Röhren bei Luzern in der Schweiz sollten im Fall eines Atomkrieges 20 000 Menschen beherbergen. Die Röhren wurden mit vier je 250 Tonnen schweren Toren zu Bunkern umgerüstet. 1987 wurde die Anlage für 40 Millionen Franken fertig. Heute wäre man sie am liebsten wieder los.

Sechs Jahre lang hatte man riesige Löcher in den Sonnenberg bei Luzern gebohrt, hatte ein Not-Krankenhaus mit zwei Operationssälen, eine Lüftungszentrale, ein unterirdisches Trinkwassersystem und Zugangsstollen eingerichtet – und das in einem Land, das seit 150 Jahren keinen Krieg mehr gesehen hat. 1987 wurde die Anlage zum ersten mal mit 1100 Zivilschutz-Angehörigen fünf Tage lang getestet. Doch die Operation Ameise geriet zum Fiasko. Statt der geplanten 20 000 Notbetten konnte nur 2000 aufgestellt werden. 24 Stunden brauchte man, bis die Tore geschlossen waren – zuerst mußte man ja den Verkehr umleiten, da die Tunnelröhren ja normalerweise von Autos befahren werden. Schon nach wenigen Stunden litten die eingesperrten Männer und Frauen unter Tunnel-Koller. 20 000 Menschen lassen sich einfach nicht in einem einzigen Schutzraum einpferchen.

Geübt wird seit diesem Katastrophen-Test nicht mehr. Aber auch so kostet der Unterhalt der Anlage jedes Jahr 250 000 Franken; eine Ausgabe, die sich die Stadt Luzern eigentlich lieber ersparen würde.

Aber so einfach werden die Stadtväter den Klotz am Bein wohl doch nicht mehr los. Denn zum einen ist die Kommune in der Schweiz per Gesetz dazu verpflichtet, Schutzraum für ihre Bürger bereitzustellen, und zum andern hatten Staat und Kanton 33 Millionen Mark Zuschuß für das Mega-Flop-Bauwerk gezahlt – und die müßten die Luzerner bei einer Schließung des Bunkers zurückzahlen.

Thomas Schüsslin

Was die deutsche Bundesregierung mit ihrem Atombunker vorhat, kann man HIER erfahren.

 

Dieser Text wurde der tilt-Ausgabe 2/98 entnommen.