Mindestalter für Soldaten gefordert

21.10.1999 | Mindestalter für Soldaten gefordert

Was haben die PKK, die Bundeswehr und die UCK gemein? Unter vielen offensichtlichen Gemeinsamkeiten gibt es auch eine, die kaum ins Bewußtsein der Öffentlichkeit tritt: Alle drei drillen Kinder in ihren Reihen! In 20 europäischen Ländern ist die Rekrutierung von Minderjährigen erlaubt. Und jeder unter 18 Jahren ist laut UNO-Definition als Kind zu betrachten.
Die europäische Konferenz der "Koalition gegen Kindersoldaten" hat die Anhebung der Altersgrenze für Soldaten von derzeit 15 Jahre auf 18 Jahre gefordert. Auf der Konferenz vom 18. bis 20. Oktober 1999 in Berlin, die u. a. von der Kinderhilfsorganisation World Vision ausgerichtet wurde, sprachen auch Bundesaußenminister Joseph Fischer und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.
World Vision geht von über 300.000 Kindern und Jugendlichen aus, die in den Armeen, Rebellen- und Befreiungsorganisationen auf der ganzen Welt Dienst an der Waffe leisten. Die UNO-Kinderrechtskonvention sieht zur Rekrutierung derzeit ein Mindestalter von 15 Jahren vor, daß aber in vielen Ländern der dritten Welt nicht eingehalten wird. Diese Altersgrenze soll nun im Januar 2000 in Genf um drei Jahre angehoben werden, erklärte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF auf der Konferenz. Bisher wurde das von einigen Industrienationen, die Minderjährige in ihren Armeen rekrutieren, verhindert.
Zum Konferenzende wurde eine Deklaration verabschiedet, in der ein Verbot der  Teilnahme von Jugendlichen unter 18 Jahren an bewaffneten Konflikten gefordert wird. Dieses Verbot soll als Zusatzprotokoll in die UN-Kinderrechtskonvention eingehen. Enttäuscht zeigten sich die Teilnehmer aus 35 Länder, daß sich die BRD, Großbritannien, Frankreich, Luxemburg, Österreich und die Niederlande geweigert hatten, die Rekrutierung von Jugendlichen unter 18 Jahren generell zu verbieten.
In Großbritannien dienen derzeit über 6500 junge Leute ab 16 Jahre in der Armee, darunter 800 Mädchen. Bei bewaffneten Konflikten sollen sie aber erst eingesetzt werden, wenn sie 18 Jahre alt sind. Der neue britische Verteidigungsminister Hoon, erklärte allerdings bei einem Besuch in Berlin, daß sich nun auch London für die Anhebung der Altersgrenze einsetzen wird. Unabhängige Gruppen wiesen darauf hin, das in den bewaffneten Konflikten der letzten Jahren, in denen britische Truppen verwickelt waren (Falkland- und Golfkrieg), auch Kinder im Dienste Ihrer Majestät gefallen waren.
In der BRD dienen zur Zeit 252 Minderjährige freiwillig in der Bundeswehr. Männliche Jugendliche können sich mit 17 Jahren beim Bund melden. Wieczorek-Zeul kündigte zum Konferenzauftakt an, daß die entsprechende Rechtsgrundlage im Einklang mit dem Verteidigungsministerium geändert werden soll, so daß Minderjährige zukünftig nicht mehr zur Bundeswehr dürfen. An eine Entlassung der schon eingestellten Jugendlichen aus der Bundeswehr war offensichtlich nicht gedacht.
Tags darauf machte der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbands (DBWV), Gertz, mobil: Auf die Nachwuchsgewinnung durch die Rekrutierung der Kinder könne die Bundeswehr nicht verzichten, schon um mit den anderen Ausbildungsmöglichkeiten gleich ziehen zu können. Und am letzten Tag der Konferenz verkündete dann auch eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums, daß die kostenlose Berufsausbildung in der Bundeswehr viele Vorteile biete. Von Rekrutierungsproblemen der Bundeswehr wollte sie allerdings nichts wissen.
Ein Verzicht auf die Rekrutierung von Jugendlichen in der BRD scheint vorläufig nicht in Sicht. Auch ein weiteres deutsches Gesetzesloch bleibt offen: 16jährige dürfen als Grenzschützer arbeiten.
[Weitere Informationen: Das tilt-Heft 2/98 hatte ausführlich zum Schwerpunktthema Kindersoldaten berichtet.]